- polnische Musik.
- pọlnische Musik.Älteste Musiküberlieferung findet sich im bis heute lebendigen Volkslied, zu dessen Eigenheiten fünfstufige Tonleitern (Pentatonik), Kirchentonarten, asymmetrische Rhythmen und kurzmelodische Bildungen gehören. Schon um 1100 ist das Tanzlied bezeugt, das bis in die Neuzeit die vorrangige Liedgattung blieb. Volkstänze wie Polonaise, Mazurka und Krakowiak zeigen in ihrer charakteristischen Rhythmik nationale Eigenart.Mit der Christianisierung Polens im 10. Jahrhundert kam der gregorianische Gesang ins Land, doch datieren erhaltene Quellen erst aus der Zeit ab 1100. Die zuerst im 14. Jahrhundert auftretenden Denkmäler polnischer Kunstmusik (Organum, zweistimmige Motetten) spiegeln die Entwicklung der Mehrstimmigkeit im zentraleuropäischen Raum wider. Eine eigene Bedeutung muss dabei der polnischen Orgelmusik beigemessen werden (erste Nachweise des Instruments im 12. Jahrhundert), für die die Tabulatur des Johannes von Lublin aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts die wichtigste Quelle darstellt. Sie enthält auch Werke von Nikolaus von Krakau (1. Hälfte des 16. Jahrhunderts), der mit mehrstimmigen Messen, Motetten und Tänzen unter den frühen Vertretern polnischer Musik besonders hervortritt.Außer vom mehrstimmigen deutschen Lied (H. Finck in Krakau, 1491-1506) wurde die polnische Musik im ausgehenden 16. Jahrhundert von italienischen Komponisten, die sich am polnischen Hof aufhielten, beeinflusst (L. Marenzio, Tarquinio Merula, * um 1595, ✝ 1665). Vertreter des zeitgenössischen polyphonen Stils waren u. a. Marcin Leopolita (✝ 1589), Mikołaj Gomółka (* um 1535, ✝ nach 1591) und der dem venezianischen konzertierenden Stil verpflichtete Mikołaj Zieleński (nachgewiesen 1611). Mit der Entwicklung der Instrumentalmusik im 17. Jahrhundert (Adam Jarzębski, ✝ 1648 oder 1649, Marcin Mielczewski, ✝ 1651) setzte ein Stilwandel ein, der in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einem Rückgang des italienischen zugunsten des Wiener Einflusses führte und in dessen Gefolge zunehmend auch nationalpoln. Tendenzen zum Zuge kamen. Verstärkt wurden diese im 19. Jahrhundert v. a. durch J. Elsner, den Lehrer F. Chopins; er vermittelte den Übergang von der Klassik zur Romantik, in der u. a. S. Moniuszko, der Schöpfer der polnischen Nationaloper, Bedeutung erlangte, während Chopin die Impulse der nationalen polnischen Musik mit den charakteristischen Neuerungen der europäischen Romantik zu einem persönlichen Stil verschmolz.Durch die Verarbeitung von internationaler Moderne und polnische Volksmusik war K. Szymanowski von besonderer Bedeutung für die polnische Musik nach 1900. Józef Koffler (* 1896, ✝ 1944) übernahm etwa 1928 die Zwölftontechnik. In den 50er-Jahren stehen für die Zwölftonmusik Namen wie A. Panufnik und Roman Palester (* 1907, ✝ 1989). Ab 1956, dem Jahr der ersten polnischen Festspiele für moderne Musik (»Warschauer Herbst«), ist mehr als in den anderen mittel- und osteuropäischen Ländern zur Zeit des Sozialismus eine fruchtbare Auseinandersetzung mit den Techniken der seriellen, aleatorischen und experimentellen Musik festzustellen. Seit etwa 1960 prägten die führenden polnischen Komponisten mit eigenständigen Gestaltungen des Klanges (Sonoristik) die europäische Musikentwicklung. Internationale Geltung erlangten u. a. W. Lutosławski, K. Penderecki, K. Serocki, T. Baird, B. Schäffer. Weitere bedeutende polnische Komponisten der Gegenwart sind u. a. Wojciech Kilar (* 1932), H. M. Górecki, Zbigniew Penherski (* 1935), Tomasz Sikorski (* 1939, ✝ 1988), Zbigniew Rudziński (* 1935), Z. Krauze, der in Köln tätige Krzysztof Meyer und Aleksander Lasoń (* 1951).Z. Jachimecki: Muzyka polska w rozwoju historycznym (Krakau 1948);Slownik muzyków polskich, hg. v. J. M. Chomiński (Krakau 1964);Polish music, hg. v. S. Jarociński (Warschau 1965);Gesch. der p. M., hg. v. T. Ochlewski u. a. (ebd. 1988).
Universal-Lexikon. 2012.